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"Die Hibiskusblüte"

© Lalaa (14 Jahre) aus Österreich - 18. Dezember 2009

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Es war einmal eine Königstochter, sie hieß Fiona. Ihre pechschwarzen Haare schimmerten in der Sonne und ihre eisblauen Augen waren unübersehbar. Sie muss das wohl allerschönste Mädchen im Dorf hinter dem Wunschbrunnen gewesen sein. Sie war ein sehr liebevolles und hilfsbereites Mädchen, half verletzten Tieren oder armen Menschen. Immer wenn sie das Schloss verließ und in das Dorf hinter dem Wunschbrunnen ging, freuten sich die Leute sie wiederzusehen.
 

Eines Tages stand sie mit einigen armen Leuten am Marktplatz und erzählte ihnen abermals viele Geschichten. Eine Geschichte über ein kleines Müllermädchen, das einmal zu einer wunderschönen Prinzessin wurde. Ein anderes Mal erzählte sie über einen Singvogel, der seine schöne singende Stimme verlor und danach vom Wunschbrunnen wieder seine Stimme zurückbekam.
Die verarmten Leute liebten ihre Geschichten, weil sie immer sehr aufheiternd waren. Als Fiona ihre Geschichte beendet hatte, bewegte sich ein alter weißbärtiger Mann auf sie zu und sprach: "Ich sehe Trauer, Verzweiflung und drei schwere Aufgaben." Das Mädchen fragte verwundert und ängstlich zu gleich: "Was meinen sie?" Kaum war der Mann weg, widmete Fiona sich wieder den Leuten zu, die um sie standen.
Als die wunderhübsche Königstochter am Abend wieder zurückkehrte, hörte sie vor einer Tür die weinerliche Stimme ihres Vaters sagen: "Gibt es denn keine einzige Lösung?"
 

Plötzlich hörte sie eine unbekannte Stimme sprechen: "Es gibt eine Lösung, doch die liegt im Tal der grimmigen Kobolde. Und man müsste viele Hindernisse überwältigen. Das hat bisher noch keiner geschafft." Fiona riss die riesengroße Tür auf und platzte vor lauter Neugier ins Gespräch. Da sah sie ihre Mutter bleich wie Kreide im Bett liegen und um sie herum standen ihr Vater und ein Arzt.
 
Als sich in der Früh die Trauerstimmung ein wenig gelegt hatte, erklärte der König seiner Tochter, dass die Mutter vielleicht bald sterben müsse. "Sie hat eine schwere Krankheit, die nur mit einem Heilmittel bekämpft werden kann", erklärte der König. "Wie heißt dieses Heilmittel? Was ist es? Kannst du es mir beschreiben wie es aussieht? Wo findet man es? Ich werde es holen", sprachen die rosigen Lippen des Mädchens. Der Vater aber widersprach: "Du wirst das Tal der grimmigen Kobolde nicht betreten. Es steckt voller Gefahren und Hindernissen, die für ein Mädchen wie dich unmöglich zu bewältigen sind."
Als der Vater das sagte, rannte Fiona in ihr Zimmer, packte ihre Jacke, einen Apfel und ihre Schuhe und rannte los ins Tal der grimmigen Kobolde. Noch weit rief ihr der König hinterher, dass sie stehen bleiben solle, doch sie rannte weiter und weiter bis sie endlich den langen Waldweg erreicht hatte.
Die Nacht brach ein und Fiona ging noch immer den weiten Weg durch den Wald. Es schien, als würde dieser Weg unendlich lang sein. Da entdeckte Fiona plötzlich ein kleines Lichtlein hinter den vielen Bäumen. Sie folgte den Strahlen des Lichtes und kam zu einer kleinen Holzhütte. Als sie beim Fenster hineinstarrte, konnte sie den alten Mann vom Marktplatz erkennen. Sie klopfte an die Tür und eine Stimme, die sie wiedererkannte, sagte: " Herein, herein!"
 
Fiona trat herein und sah den Mann eine Weile nur an. "So komm doch näher Mädchen", murmelte er durch seinen Bart. Das Mädchen setzte sich, nahm die Kapuze vom Kopf und streifte mit ihren Fingern durch ihr langes, glattes Haar. Sie erinnerte den Mann an den Satz, den er zu ihr am Marktplatz gesagt hatte. Der Mann erzählte ihr, was er mit der ganzen Geschichte zu tun habe. Er erzählte: "Ich bin der Mann, der dir helfen kann, das Heilmittel für die Königin, deine Mutter, zu finden. Ich habe schon einmal das Tal der grimmigen Kobolde durchquert und habe es überlebt. Du musst auf alles gefasst sein, wenn du auf die Kobolde triffst. Diese wissen, dass du kommst, und sie haben bereits 3 Aufgaben für dich vorbereitet." - " Was ist das Heilmittel, mir hat es noch keiner gesagt?!", erwiderte sie. "Es ist die heilende Hibiskusblüte, du erkennst sie auf einem Blick, sie ist weiß wie Schnee und Richtung Blüte wird sie immer sattgelber", antwortete der Mann und bat das Mädchen, diese Nacht noch hier zu bleiben und dann bei aufgehender Sonne loszugehen.
 

Als es Morgen war und die ersten Sonnenstrahlen ihre zarte Haut strahlen ließen, setzte das Mädchen sich auf und sah aus dem Fenster. Die Vögel zwitscherten laut und ein Specht hämmerte gegen einen Baum. Bevor sich Fiona auf den Weg machte, besprach sie alles noch einmal mit dem alten Mann. So gab ihr der Mann noch ein Brot und Wasser mit und schon war sie auch weg.
Als sie im Tal der grimmigen Kobolde ankam, fingen die Bäume an sich zu bewegen. Einer redete auf sie ein: "Geh zurück, dein Leben ist in Gefahr. Deine Mutter ist alt, irgendwann muss sie sterben. Du bist jedoch jung und solltest auf dein Leben achten." Sie wandte dem Baum den Rücken zu und setzte ihre Reise fort. Sie wusste nicht, dass das die erste Aufgabe war, ihr junges Leben für ein älteres in Gefahr zu bringen.
Nach einiger Zeit stieß sie auf einen Kobold, er war grün-grau und trug eine hässliches blaues Holzhackerhemd und eine dunkelblaue Latzhose mit Löchern an den Knien. Er sagte: "Hier kommst du nicht weiter. Was gibst du mir, wenn ich dich durchlasse?" - "Ich habe nichts Wertvolles bei mir. Ich kann dir nur Brot und Wasser geben", antwortete sie traurig. "Gib mir deine Haare!" sagte der Kobold. "Meine Haare? Aber mit kurzen Haaren ist man doch keine Königstochter mehr.", trotzte sie. "Gut, dann kommst du hier nicht durch und deine Mutter wird leiden müssen", lachte der Kobold fies und drehte sich um, als das Mädchen plötzlich sagte: "Gib mir eine Schere, so schneide ich sie ab."
 

Der Kobold streckte die Hand aus und reichte ihr eine Schere. Schnipp und schnapp, weg waren sie. Fiona hatte nur mehr kinnlange Haare. Sie machte sich weiter auf den Weg.
Plötzlich sah sie die wunderschöne Hibiskusblüte. Ein einziger voll Farben strahlender Fleck in einer so hässlichen grauen Landschaft. Die überglückliche Königstochter nahm die Pflanze an ihrem Stängel und gerade als sie sie pflücken wollte, erhob sich hinter ihr eine ganz und gar hässliche und große Fleischfresserpflanze. Die rasiermesserscharfen Zähne versetzten das Mädchen in Angst und Schrecken.
 
Fiona konnte sich kaum von der Stelle rühren, sie war so erschrocken. Die Pflanze ließ das Mädchen nicht an ihr vorbei. Als Fiona sich von ihrem Schock erholt hatte, versuchte sie weder die Pflanze zu töten noch ihr in irgendeiner Art weh zu tun. Dies war die dritte und somit letzte Aufgabe. Der Sinn der Aufgabe war: Man tötet keine Lebewesen, egal wie böse und hässlich sie auch sind.
So ließ die Pflanze Fiona vorbei. Sie nahm erneut die Pflanze an ihrem Stängel und pflückte sie behutsam. So machte sie sich auf den Weg nach Hause. Von der Ferne konnte sie weder ein Lichtlein noch das Haus erkennen, in dem der alte Mann lebte. Es war verschwunden.
 
Nur noch eine Schriftrolle lag am Boden: "Ich bin nun nicht mehr verhext, dadurch das du die drei Aufgaben bewältigt hast, ist der Fluch gebrochen. Ich bin nun endlich wieder ein junger Rehbock. Ich habe einmal einen Pilz aus dem Tal der grimmigen Kobolde gegessen und seitdem war ich ein alter Mann. Es ist viel schöner ein Tier zu sein. Ich danke dir."
Zufrieden rollte Fiona die Schriftrolle wieder zusammen.
 

Als sie kurz vor dem Schloss war, nahm sie noch einen tiefen Luftzug und rannte den Weg hinauf zum Schloss. Oben angekommen, wollte ihr der Ritter nicht die Zugbrücke öffnen, er sprach: "Wer sind sie und was suchen sie hier?" - "Ich bin die Königstochter!" rief sie dem Ritter zu. "Die Königtochter? Sie sind unmöglich die Königstochter Fiona, sie ist vor drei Tagen spurlos verschwunden. Außerdem würde die Königstochter weder so ein zerrissenes Kleid tragen, noch würde sie so zerrupfte kurze Haare tragen", antwortete der Ritter.
"Aber ich bin die Königstochter. Ich weiß das meine Mutter schwer krank ist und habe mich vor drei Tagen auf den Weg gemacht, um ein Heilmittel für sie zu finden. Lassen sie mich mit meinem Vater sprechen. Sofort!" brüllte sie.
So holte der Ritter den König und ließ das Mädchen in den Innenhof. Als der Vater seine Tochter wiedererkannte hüpfte er von seinem tragbaren Thron und rannte ihr entgegen. "Meine Tochter ist zurück!" schrie er laut.
"Vater, ich habe das Heilmittel mit mir gebracht. Lass mich schnell zu Mutter", sagte Fiona aufgeregt. So lief sie die Treppen hinauf ins Zimmer, in dem noch immer die Mutter lag. Sie ließ die Mutter an der Blume riechen und plötzlich bekam die Königin wieder Farbe im Gesicht. Ihre Backen färbten sich in rosa-rot. Sie öffnete ihre Augen. Fiona umarmte ihre Mutter. Es war der schönste Tag, den die Prinzessin erlebt hatte. Diesen Tag haben sie jedes Jahr gefeiert. Alle aus dem Dorf hinter dem Wunschbrunnen wurden eingeladen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.


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